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Überlegungen zu den anstehenden Nachbarschaften

Freunde, dass der Granatapfelbusch wieder blüht und treibt …

ekhn2030 Gemeindebriefvorlage

Im fünften Teil seiner Gedanken zu den Möglichkeiten der sich im Zuge von ekhn2030 entwickelnden Nachbarschaften geht Dekan Olliver Zobel auf die ebenso schmerzhaften wie hoffnungsvollen Seiten des ekhn2030 Prozesses ein.

Trostlos sieht er aus – der Granatapfelbusch in unserem Garten. Die letzten Jahre ist er gewachsen und hat sogar einen ersten großen Granatapfel hervorgebracht. Doch dann diese Kälte im späten Frühjahr – nur noch tote Zweige. Da kommt nichts mehr, kein bisschen Grün und als ich vorsichtig einen der Äste knicke, bricht er. Unser Busch ist tot.

Und da mich das tote „Gerippe“ tagtäglich frustriert, schneide ich es bis auf die Wurzel ab. Das Ergebnis: Vier Strünke, die knapp aus dem Erdreich ragen. "Im Herbst kommt er ganz raus", denke ich mir und bin traurig.

Doch einige Wochen später – ich traue meinen Augen kaum: aus den scheinbar toten Strünken wachsen neue Zweige mit frischen, grünen Blättern. Der Granatapfelbusch ist nicht tot, er hatte nur alle Energie in seinen Wurzeln gespeichert, musste sich regenerieren. Nun blüht er und treibt wieder aus.

Und ich erinnere mich an das Lied von Schalom Ben Chorin (deutscher Rabbiner): „Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt“ (EG 655). Dort heißt es weiter: „Ist das nicht ein Fingerzeig, dass die Liebe bleibt?“ Schalom Ben Chorin hatte sich lange an einem Mandelbaum mit seinen traumhaften Blüten erfreut. Aber dann wird der Baum gefällt. Ein Parkplatz wird gebaut. Doch ein Jahr später steht an dem Platz des alten Mandelbaumes wieder ein Reis, ein kleiner Mandelzweig. Er hat sich durch den Asphalt gekämpft. Ein Zeichen der Hoffnung wie bei mir im Garten.

In meinem Arbeitsalltag als Dekan erlebe ich gerade Ähnliches, wenn ich mit den Menschen über die Erfahrungen rede, die sie in ihren Kirchengemeinden und auch mit dem Reformprozess ekhn2030 machen. "Was hat in unserem Gemeindehaus nicht alles stattgefunden und wie viele Menschen sind früher in die Gottesdienste gekommen – JEDEN Sonntag. Aber heute?", berichten sie. – Heute stehen wir vor der Herausforderung, auf die jüngsten Entwicklungen in der Kirche zu reagieren, uns z. B. von manchem Gebäude zu trennen, nicht mehr jeden Sonntag in jeder Kirche Gottesdienste anzubieten, Gruppen zusammenzulegen oder ganz aufzugeben und Themen gemeinsam mit anderen zu bearbeiten. Das ist manchmal sehr traurig, denn oft sind für uns die Menschen, die mit viel Herzblut die Gebäude errichtet oder Initiativen gestartet haben, noch sehr präsent.

Und doch habe ich die Hoffnung, dass wir unsere Kräfte gerade „nur“ in unseren Wurzeln sammeln, uns neu aufstellen und sortieren. So kann wieder Neues wachsen, über das ich gewiss an vielen Stellen staunen werde. Aber zunächst muss deutlich "zurückgeschnitten" werden, damit die jungen Triebe Platz haben und Licht bekommen. Kein leichter Prozess, aber ein Prozess mit Hoffnung, denn: Freunde, dass der Granatapfelbusch wieder blüht und treibt …

Bleiben Sie wohlbehütet,

Ihr Dekan Olliver Zobel


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